Im Mai 2011 ereignete sich in München ein Unfall, bei dem ein Fahrradfahrer durch ein Auto verletzt wurde. In der Folge verlangte der Radfahrer Schadenersatz und Schmerzensgeld vom Autofahrer. Der Radfahrer bediente sich des Videobeweises seiner auf dem Rad montierten Dashcam.

Quelle

Pressemitteilung: Amtsgericht München (AZ 343 C 4445/13)

Der Unfallhergang

Der Radfahrer fuhr rechts neben einem Smart Cabrio, der ihn dann überholte. Als das Fahrzeug plötzlich abbremste, geriet der Radfahrer ins Straucheln und stürzte. Dabei erlitt er Verletzungen und Beschädigungen an seinem Rad. Die Arzt- und Reparaturkosten betrugen in der Summe ca. 3000 Euro, die der Radfahrer vom Autofahrer ersetzt bekommen wollte. Darüber hinaus verlangte er ein angemessenes Schmerzensgeld.

Unmittelbar vor dem Unfall beschwerte sich der Radfahrer beim Cabrio-Fahrer während eines zu engen Überholmanövers, welcher das Fahrzeug zu dicht am Radfahrer vorbeiführte. Der Cabrio-Fahrer zeigte darauf hin dem Radfahrer den Mittelfinger. Etwas später bremste der Autofahrer des Radfahrer scheinbar absichtlich aus, um ihn zu maßregeln.

Dieser Vorgang wurde von der Dashcam des Radfahrers als Video aufgezeichnet und vom Radfahrer als angeblichen Beweis für das Fehlverhalten des Autofahrers vor Gericht angeführt.

Das Urteil

Die Beweisaufnahme u.a. des Videos ergab jedoch, dass der Radfahrer zum großen Teil den Unfall bzw. seinen Sturz selbst verschuldete. Ein “Stinkefinger” des Autofahrer konnte im Video nicht erkannt werden, lediglich eine erhobene Faust war erkennbar. Auch wurde der Sturz offenbar nicht durch eine Berührung des Autos mit dem Rad verursacht. Die Bremsung des Autofahrers war verkehrsbedingt auf ein entgegenkommendes Fahrzeug zurück zu führen. Der Radfahrer fuhr nach Auswertung des Videos zudem angsichts seiner eigenen Geschwindigkeit (24km/h) mit 8m zu dicht auf das Cabrio auf – der Sicherheitsabstand von mind. 12 Metern wurde klar unterschritten.

Nebenfrage

Neben der Frage nach dem Unfallhergang war auch vom Gericht zu klären, ob das Video als Beweismittel als zulässig anzuerkennen sei. Die wurde vom Gericht im vorliegenden Fall bejaht. Folgende Kriterien wurden vom Gericht für die Entscheidung angesetzt:

  • Die Videoaufzeichnung wurde nicht mit dem Zweck der gezielten Aufnahme eines Unfall angefertigt
  • Öffentlich sichtbare Personen erscheinen zufällig auf dem Video und verbleiben anonym
  • Das Interesse der Nichtveröffentlichung der beteiligten Personen (Recht am eigenen Bild) unterliegt dem Interesse der Beweissicherung

Fazit / Meinung

Da der Radfahrer das zu dichte Überholmanöver anhand der Videoaufzeichnung nicht belegen konnte, scheint es sinnvoll die Auswahl einer Dashcam auf Modelle mit großem Blickwinkel zu beschränken. Empfehlenswert scheinen Kameras mit einem Blickwinkel von 140° bis 160°. Mit einem großen Blickwinkel wird nicht nur die Szene vor dem Fahrzeug erfasst, sondern auch etwas mehr seitlich.

Zudem sollte die Dashcam eine möglichst hohe Detailauflösung besitzen. So hätte möglicherweise das Zeigen eines Mittelfingers identifiziert werden können. Dabei ist zu beachten, dass zwar viele Hersteller von Autokameras ihre Modelle mit “FullHD” Auflösung bewerben, jedoch die Bild-Details der erzeugten Videos weit von FullHD-Erwartungen entfernt sind.