Für eine Identifizierung von Kennzeichen sind bei einer Dashcam sehr kurze Verschlusszeiten (elektronischer Shutter) pro Videoeinzelbild notwendig. Bei einem entgegen kommenden Fahrtzeug mit 50km/h sind es ungefähr 1/200 Sekunde – je nach Richtung des Bewegungsvektors auch mehr oder weniger. Diese kurze Verschlusszeit lässt sich nur bei ausreichend hellem Umgebungslicht erreichen.

Beträgt die Geschwindigkeit des entgegen kommenden Fahrzeugs 50 km/h, so bewegt es sich in der Zeit von 1/200 Sek. ca. 7cm. Das klingt nicht nach viel, sorgt jedoch bereits für Bewegungsunschärfe. Fährt das eigene Fahrzeug ebenfalls 50 km/h, so verdoppelt sich der Weg mit dem sich beide Fahrzeuge in 1/200 Sek. aufeinander zu bewegen auf ca. 14cm. Das ist für eine gute Erkennbarkeit von Kennzeichen schon grenzwertig – der Blickwinkel auf das entgegen kommende Fahrzeug sollte dann bereits möglichst nah bei dem Bewegungsvektor des entgegen kommenden Fahrzeugs liegen. Ungünstig ist hier bereits eine Anbringung der Dashcam rechts außen an der Frontscheibe.

Nehmen wir an, die Dashcam würde bei 50km/h nur mit 1/100 Sek. auslösen, so würden sich beide Fahrzeuge in dieser Zeit der Bilderfassung um ca. 28cm aufeinander zu bewegen. Die erzeugte Bewegungsunschärfe wäre für eine Identifizierung eines Kennzeichens zu hoch.

Bei Dunkelheit oder Nacht werden teilweise nur Shutter-Zeiten von 1/30 oder bei den besseren Dashcams auch 1/60 Sekunde erreicht. Da ist rein unter der Betrachtung des Aspekts der Bewegungsunschärfe keine Erkennung von Kennzeichen möglich.

Neben dem Shutter (Bewegungsunschärfe) spielen auch der Kontrastumfang des Videosensors, sowie die anschließend Kompression (Kompressionsunschärfe) des Bildmaterials eine weitere wichtigere Rolle.
Kurz: Der Kontrastumfang aktueller Videosensoren in Dashcams ist zu gering, um ein unbeleuchtetes Kennzeichen zwischen zwei hellen Scheinwerfern eines entgegen kommenden Fahrzeuges zu erfassen.

Anders sieht es bei voran fahrenden Fahrzeugen aus: Die relative Bewegungsgeschwindigkeit und Bewegungsvektor zum eigenen Fahrzeug ist erheblich kleiner, als bei entgegen kommenden den Fahrzeugen. Die Rückleuchten überstrahlen nicht das Kennzeichen und es ist zudem beleuchtet. So ist auch in vielen Fällen eine Lesbarkeit des Nummernschildes eines voraus fahrenden Fahrzeugs bei Nacht möglich.

Um Kennzeichen entgegen kommender Fahrzeuge bei Dunkelheit zu erkennen, müsste ein lichtempfindlicherer Videosensor (kürzerer Shutter) mit höherem Kontrastumfang (Dynamikbereich) eingesetzt werden. Derartige Sensoren findet man heutzutage erst in sehr hochwertigen Vollformat-DSLR-Kameras oder Videosystemen. Die lichtempfindlicheren Sensoren mit hohem Kontrastumfang sind zudem aufgrund physikalischer Gesetze deutlich größer, als jene, die in Dashcams verbaut werden. Die Kompression der Videodateien darf zudem nicht zu hoch ausfallen, um auch kleine Details im Video zu erhalten.

Es ist möglich eine extrem hochwertige DSLR Kamera mit hochwertigem Objektiv auf den Armaturen zu verbauen. Der Preis einer solchen Lösung liegt jedoch im mittleren 4stelligen Bereich. Der Platzverbrauch ist im Vergleich zu einer Dashcam enorm und kaum für den Alltag praxistauglich.

z.B. Kamera: Nikon D850 ohne Objektiv ca. 3800 Euro – Objektiv: 24mm AF-S-Nikkor F1.4 (2017) ca. 2000 Euro.
Die Nikon D850 ist für den sehr lichtsensiblen und rauscharmen Bildsensor bekannt, der auch bei Dunkelheit sehr gute Foto- und Video-Aufnahmen ermöglicht – besser geht es kaum.

Allerdings ist es auch mit sehr hochwertiger Technik eine Herausforderung, bei Nacht die Kennzeichen entgegen kommender Fahrzeuge identifizieren zu können. Der Blickwinkel mit extrem Lichtdurchlässigen F1.4 24mm Objektiv beträgt „nur“ 84° diagonal, was im Vergleich zu 135°-170° einer Dashcam sehr wenig ist. Die Ausrichtung muss daher genauer auf den Anwendungszweck erfolgen, z.B. Ausrichtung auf Gegenfahrbahn. Zwar wäre auch ein sehr gutes 14mm Objektiv mit rund 104°Blickwinkel nutzbar, jedoch ist die Lichtdurchlässigkeit mit F2.8 etwas geringer.
Bei einer Testinstallation der oben genannten bestmöglich verfügbaren Technik, ist es uns nicht gelungen auf dunklen Landstraßen die Kennzeichen entgegen kommender Fahrzeuge zuverlässig zu entziffern. Etwas besser geht es in einer hell beleuchteten Stadt, jedoch auch nicht in jeder Situation.

Häufig ist in der Bewerbung von Dashcams die Hervorhebung einer „HDR“-Funktion zu lesen. Das HDR (High Dynamic Range)  soll die Aufnahme von Details bei schlechten Lichtverhältnissen, bei Dunkelheit oder Nacht deutlich verbessern.
Der von verschiedenen Herstellern beworbene HDR-Modus ist jedoch nicht für die Erkennung von Kennzeichen geeignet. Entgegen der (teilweise falschen und irreführenden) Werbung, sorgt bei HDR das Verrechnen von zwei unterschiedlich belichteten Aufnahmen nicht für deutlich mehr Bildinformationen oder Bilddetails, sondern für Unschärfe bei bewegten Details (z.B. Kennzeichnen) im Video. Nur rein subjektiv steigt jedoch die „gefühlte“ Qualität bei fernerer Betrachtung des kompletten Bildes (kein Ausschnitt oder Details) durch den leicht höheren Kontrastumfang. Dies gilt für Aufnahmen mit HDR bei Tageslicht und bei Nacht.
Daher ist es empfehlenswert den HDR-Modus zu deaktivieren, um die Erkennbarkeit von Kennzeichen zumindest bei Tageslicht zu verbessern.

Am Rande: HDR kann nur im Stillstand bei kaum bewegter Szene tatsächlich mehr Bildinformationen oder Bilddetails für den Nutzer erzeugen. Daher wird HDR gern auch bei der Fotografie kontrastreicher Szenen eingesetzt. Die Verrechnung der einzelnen unterschiedlich belichteten Aufnahmen erfolgt dann durch eine komplexe Software auf leistungsfähigen PC’s, um ansprechende und detaillierte HDR-Aufnahmen zu erzeugen.

Die beste mir bekannte „Dashcam“ hinsichtlich der Videoqualität bei Nacht ist die aktuelle „iTracker DC-A119S“ , welche zudem ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis bietet. Die Maße von Gehäuse und Halterung sind sehr klein – die DC-A119S kann mit nur geringem Platzbedarf unauffällig installiert werden. Im Vergleich zu Dashcams mit HDR muss der Nutzer bei der DC-A119S bei Dunkelheit nicht auf den HDR-Modus umschalten, um eine möglichst gute Videoqualität bei Nacht zu erhalten.